Weiter geht’s in der spannenden Welt der Kommasetzung mit einer weiteren Regel, die für viele Missverständnisse sorgt: die Infinitivgruppen. Dieser Artikel entspricht den Regeln, die mit dem neuen Duden im Jahr 2024 erschienen sind.
Für alle, deren Zeiten im Deutschunterricht weit zurückliegen: Eine Infinitivgruppe ist die Kombination eines Infinitivs mit dem Wörtchen „zu”. Meist kommen noch andere Wörter hinzu, die dann gemeinsam mit dem Infinitiv und „zu” die Gruppe bilden. Ein paar Beispiele:
„Ich arbeite, um zu leben.“
„Sie weigert sich, hierherzukommen.“
„Sie spielt, anstatt ihre Hausaufgaben zu machen.“
Früher musste jede Infinitivgruppe mit einem Komma vom Hauptsatz getrennt werden. Mit der Rechtschreibreform wurde diese Regel aufgeweicht, wodurch sich das Gerücht verbreitet hat, man könne sich aussuchen, wo man eine Infinitivgruppe mit einem Komma abtrennt und wo nicht. Mit der Reform im Jahr 2024 wurden die Regeln wieder verschärft. Es bleibt also spannend – es wäre nicht die deutsche Sprache, wenn es nicht so wäre. Hier also ein kleiner Überblick, der hoffentlich Licht ins Dunkel bringt.
Die Pflicht, ein Komma zu setzen
Nach der Reform 2024 ist zumindest eine Sache einfacher geworden: Eine Infinitivgruppe muss immer mit einem Komma vom übergeordneten Satz getrennt werden, wenn die Infinitivgruppe satzwertig ist. Das bedeutet, dass sie einem Nebensatz ähnelt.
Das lange Überlegen, ob es eine einleitende Konjunktion gibt, ob die Infinitivgruppe von einem Substantiv abhängt oder ob es ein hinweisendes Wort gibt, fällt also zum Glück weg.
Hier ein paar Beispiele:
„Ich empfehle, ein Komma zu setzen.“
„Sie geht, ohne einen Blick zurückzuwerfen.“
„Ich habe ihm die Möglichkeit gegeben, sich zu erklären.“
„Ich denke nicht daran, mein Zimmer aufzuräumen.“
Wo man das Komma wegzulassen hat
Ja, auch diese Situationen gibt es noch. Genau genommen sind es zwei Fälle, in denen man kein Komma setzt.
Man verzichtet bei Infinitivgruppen auf ein Komma, wenn sie nicht satzwertig sind. Das bedeutet, dass sich die Infinitivgruppe und der Hauptsatz nicht klar voneinander trennen lassen. Dies kommt vor allem dann vor, wenn der Hauptsatz nur ein Hilfsverb („haben“, „sein”) besitzt oder eines der folgenden Verben: „brauchen”, „pflegen”, „scheinen” sowie (übertragen gebraucht) „drohen” und „versprechen”.
Hier ein paar Beispiele:
„Er hat sich besser zu benehmen.“
„Er braucht nicht zu kochen.“
„Er scheint nicht überrascht zu sein.“
„Es versprach ein rauschendes Fest zu werden.“
„Er drohte zu ersticken.“
Der Infinitiv und das Verb bilden in diesen Fällen eine festere Einheit als in den anderen Situationen.
Gleiches gilt, wenn der Hauptsatz und die Infinitivgruppe so ineinander verschränkt sind, dass es schwerfällt, den richtigen Ort für ein Komma zu finden.
„Das ausgefüllte Formular bitten wir an diese Adresse zurückzuschicken.“
Wo man sich aussuchen kann, ein Komma zu setzen
Trotz der Reform gibt es immer noch Situationen, in denen man frei entscheiden kann, ob man ein Komma setzen möchte. Doch auch dies hat mit dem kleinen Wörtchen satzwertig zu tun.
In Fällen, in denen die Infinitivgruppe nur aus dem Verb besteht, muss kein Komma gesetzt werden, denn die Infinitivgruppe ähnelt nicht einem Nebensatz.
„Ich bitte Sie[,] zu gehen.“
„Wir versuchten[,] aufzustehen.“
Fazit
Die Änderungen, die 2024 in Kraft getreten sind, erleichtern den Umgang mit Infinitivgruppen ein wenig. Prinzipiell fahrt ihr am besten, wenn ihr das Komma setzt. Und zum Glück hilft euch am Ende ein fähiges Korrektorat dabei, die letzten Fehlerchen auszubügeln.
Wenn ihr eine bestimmte Komma- oder Grammatikfrage habt, die euch schon länger verwirrt und zu der ich einen Blogartikel schreiben soll, lasst es mich wissen.
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