In den nächsten Wochen möchte ich mit euch über ein sehr komplexes Thema sprechen, weswegen ich mehrere Beiträge schreiben werde. Es geht um den Aufbau von Geschichten, um Haupt- und Nebenplots, um die Verknüpfung verschiedener Handlungsstränge, Perspektivwechsel und vieles mehr. Viele Autor*innen beginnen mit einfach gestrickten, gradlinigen Geschichten, die aus einer einzigen Perspektive erzählt werden, doch spätestens beim zweiten oder dritten Projekt möchten sie sich an etwas Vielschichtigeres wagen und wissen oft nicht, wie sie das anstellen sollen. Deswegen möchte ich das mit euch gemeinsam aufdröseln und euch ein paar Ideen an die Hand geben, wie ihr eure Geschichten effizient aufbauen könnt.
Heute fangen wir mit einem Basisthema an: Hauptplot und Nebenplot!
Was ist ein Plot?
Wenn man sich durchs Internet googelt, wird man auf verschiedene Definitionen für den Begriff „Plot” stoßen. Für den Zweck dieser Beitragsreihe definiere ich das Wort wie folgt: Ein Plot ist der Kern der Handlung einer Geschichte. Er orientiert sich am Protagonisten und seiner zentralen Frage, die zu Anfang gestellt und am Ende beantwortet wird. Alles, was innerhalb der Geschichte unmittelbar mit dieser Frage verknüpft ist, ist der Plot.
Wenn wir zum Beispiel einen Liebesroman haben, ist die zentrale Frage meistens: Wie schafft Figur A es, mit Figur B zusammenzukommen? Im Gegensatz zur reinen Aneinanderreihung von Ereignissen wie in einer Inhaltsangabe beinhaltet der Plot auch die Motivationen, denn sie sind es, die Figuren zu Handlung treiben.
Der Plot bildet also die Grundstruktur unserer Geschichte, anhand derer wir Szene an Szene hängen und so irgendwann am Ziel landen. Dabei können wir uns an die Drei-Akt-Struktur oder die Heldenreise halten, wichtig ist nur, dass wir unsere eine zentrale Frage nicht aus den Augen lassen. Hardliner sagen: Jede Szene MUSS uns in der Beantwortung dieser Frage einen Schritt weiterbringen. Wenn sie das nicht tut, sollte sie gestrichen werden.
Nebenplots - Würze für die Geschichte
Und doch gibt es viele Geschichten, die Nebenschauplätze aufmachen und anscheinend vom eigentlichen Plot abweichen. Da muss unsere Heldin abseits der Lovestory um ihren Job kämpfen, die Ehe ihrer Eltern retten oder ein Mysterium aufklären. Wie passen diese Szenen in das Ganze?
Hier handelt es sich um Nebenplots, manchmal werden sie auch als Subplot bezeichnet. Ein Nebenplot hat auf den ersten Blick nichts mit dem Hauptplot zu tun, er widmet sich einer eigenen Frage und beantwortet diese auch. Dabei bietet er eine angenehme Abwechslung zum Hauptplot, bringt uns auf andere Gedanken und lockert die strikte Struktur etwas auf.
Doch ganz losgelöst vom Hauptplot sollte er nicht sein. Stattdessen sollte der Nebenplot dazu dienen, uns die Figuren näherzubringen und dem Protagonisten bei seiner inneren Entwicklung zu helfen. Vielleicht ist es erst der Jobverlust, der unserer Heldin den notwendigen Schubs gibt, ihrem Love Interest hinterherzureisen. Vielleicht ist der Konflikt der Eltern genau das, wovor sie sich fürchtet und weswegen sie sich sträubt, eine neue Beziehung einzugehen. So sollte ein Nebenplot immer auch Auswirkungen auf den Hauptplot haben.
Aufbau des Nebenplots
Auch der Nebenplot sollte im Aufbau zumindest rudimentär dem Drei-Akt-Prinzip folgen. Selbstverständlich wird hier nicht so ausladend beschrieben wie beim Hauptplot, aber es soll auch hier Spannung entstehen, man soll mitfiebern und im besten Fall sogar überrascht werden.
Wann der Nebenplot einsetzt, hängt natürlich von seiner Rolle im Bezug zum Hauptplot ab. Man kann auch mit einem Nebenplot in die Geschichte einsteigen, zum Beispiel mit einer Situation auf der Arbeit, um die die Heldin kämpfen muss. Allerdings sollte die zentrale Frage des Hauptplots sich so früh wie möglich stellen und nicht erst nach 50 Seiten kommen.
Ein häufiges Schema ist, dass die Hauptfigur am Ende des Nebenplots etwas Wichtiges lernt, das ihr zur Lösung des Hauptplots dient. In diesen Fällen endet der Nebenplot am Ende des zweiten Aktes des Hauptplots. Doch auch bei anderen Strukturen der Geschichte sollte das Ende des Nebenplots als neuer Anstoß für das Fortschreiten des Hauptplots dienen.
Manchmal enden Haupt- und Nebenplot auch gleichzeitig in einem fulminanten Finale, was allerdings schnell das Gefühl eines konstruierten Endes haben kann: Die Liebenden finden sich und wie durch ein Wunder haben auch die Eltern ihre Liebe zueinander wiederentdeckt. Dieses Phänomen sieht man häufiger in Geschichten, in denen zu viele Nebenplots angestoßen wurden und viele lose Enden zusammengeführt werden müssen. Hier kommt es auf Fingerspitzengefühl an.
Die richtige Gewichtung
Natürlich sollte der Hauptplot im Mittelpunkt stehen und einen Großteil der Textmenge beanspruchen. Achtet darauf, dass die zentrale Frage niemals aus dem Fokus gerät. Die Leser*innen sollen nicht vergessen, worum es eigentlich geht. Ein Nebenplot sollte deswegen nicht zu viel Raum einnehmen.
Wie viel Raum genau zu viel ist, das kann man pauschal nicht sagen. Jede Geschichte ist da anders, und natürlich gibt es größere und kleinere Nebenplots. Als Maßstab kann immer gelten: Was ist notwendig, was ist überflüssig?
Wie viele Nebenplots dürfen es sein?
Dies bleibt am Ende natürlich den Schreibenden überlassen. Maßgabe sollte aber immer sein, dass man die Geschichte nicht unnötig verkompliziert. Bei Nebenplots gilt dasselbe Motto wie bei den Szenen des Hauptplots: Bringen sie die gesamte Geschichte voran? Wenn nicht: rauswerfen! Wenn ihr euch nicht sicher seid, stellt euch folgende Fragen:
Was passiert, wenn der Nebenplot gestrichen wird? Wenn das Leseerlebnis nicht sonderlich leidet, ist er wahrscheinlich überflüssig.
Hat er ausreichenden Einfluss auf den Hauptplot? Manchmal kommt es vor, dass die Entwicklung, die man in einem Nebenplot darstellen möchte, bereits im Hauptplot oder in einem anderen Nebenplot ausreichend dargestellt ist. Dann ist dieser Nebenplot vielleicht überflüssig.
Was sagen die Testleser*innen? Sie sind ein guter Gradmesser dafür, ob ein Nebenplot langweilig ist oder gut funktioniert.
Diese Erläuterungen basieren auf der Annahme, dass die Geschichte aus einer Perspektive, und zwar der der Hauptfigur erzählt wird. Wie man mit Geschichten umgeht, die aus wechselnden Perspektiven erzählt werden, besprechen wir im nächsten Blogbeitrag.
Keinen Blogbeitrag mehr verpassen mit der Post aus der Schreibwerkstatt
Comments