Im Kern steht ein Roman auf zwei Säulen: der Geschichte, die er erzählt, und der Sprache, mit der er erzählt. Das Ziel beim Schreiben ist es, dass diese beiden Aspekte flüssig ineinandergreifen und ein rundes Leseerlebnis bescheren. Aber woher weiß man, ob der eigene Schreibstil zur Geschichte passt, und wie kann man ihn langfristig verbessern? Darauf gehe ich in diesem Beitrag ein.
Was ist eigentlich Schreibstil?
Der Schreibstil einer Person entsteht durch die Art und Weise, wie diese Person Sprache in ihren Texten verwendet. Das scheint erst mal ziemlich einleuchtend, aber dennoch fällt es uns oft schwer, genau zu definieren, was einen Stil ausmacht. Gerade bei einem so komplexen Thema wie Sprache gibt es viele Aspekte, die den Stil beeinflussen: Wortwahl, Satzbau, die Verwendung (oder das Vermeiden von) Stilmitteln wie Metaphern oder Vergleichen. Wird viel oder wenig beschrieben? Drückt der/die Autor*in sich direkt aus oder umschreibt lieber? Sind Sätze, Absätze und Szenen knapp und komprimiert oder werden viele Worte gebraucht? Und wie klingt der Text, wenn man ihn vorliest? Hat er einen Rhythmus und wie ist der gestaltet?
All diese Dinge und noch viele mehr spielen eine Rolle, wenn wir unseren eigenen Schreibstil entwickeln oder anderer Leute Stile analysieren. Die größten Autor*innen bedenken jedes Wort, jedes Komma, verzweifeln manchmal über der perfekten Struktur eines Satzes. So weit müsst ihr natürlich nicht gehen. Macht euch aber bewusst, dass die Entwicklung des Schreibstils etwas ist, an dem ihr immer feilen könnt.
Wie wähle ich einen Schreibstil?
Über Geschmack lässt sich bekanntlich streiten – oder eben auch nicht. Er erscheint uns individuell und damit schwer greifbar. Immerhin haben wir oft genug erlebt, dass sogar Menschen, die uns sehr nahestehen, Dinge mögen, die wir selbst grauenhaft finden. Ist es also am Ende unmöglich, guten von schlechtem Stil zu unterscheiden? Und sind wir als Schreibende damit vogelfrei in der Wahl unseres Stils?
Nicht wirklich. Führen wir uns wieder vor Augen, was unser Ziel ist: Wir wollen unseren Lesenden ein angenehmes Leseerlebnis bescheren. Zugegeben, das sieht unterschiedlich aus, vor allem je nach Genre, in dem wir schreiben. Wenn wir ein junges Publikum ansprechen wollen, sollte die Sprache in unseren Texten das reflektieren, was dieses Publikum gewohnt ist. Genauso ist es bei Fantasy, Krimi, Horror oder dem Gesellschaftsroman. Ein lustiger Regionalkrimi kann seine Wirkung nicht entfalten, wenn er im trockenen, leicht abstrakten Stil eines Hard-SF-Romans geschrieben ist. Stellt euren Schreibstil also in den Dienst der Geschichte, die ihr erzählen wollt. Überlegt, welche Emotionen und welche Atmosphäre ihr hervorrufen wollt, und wählt eure Sprache entsprechend.
Wie erkenne ich meinen Schreibstil?
Um den eigenen Schreibstil zu verbessern, ist es unumgänglich, ihn zu verstehen. Das geht darüber hinaus, beim Überarbeiten zu prüfen, ob etwas gut klingt oder nicht. Ihr müsst analysieren, warum etwas gut klingt, warum eine bestimmte Szene besonders emotional wirkt, warum an einer anderen Stelle die Spannung abflacht, obwohl sie es nicht sollte. Lest eure eigenen Texte eingehend und untersucht, wie ihr die Sätze baut, welche Worte ihr verwendet etc. Vielleicht bemerkt ihr, dass ihr oft auf bestimmte Satzstrukturen zurückgreift, zum Beispiel dass-Sätze oder Relativsätze. Oder ihr benutzt viele Hilfs- und Filterverben. Steht ihr auf Vergleiche? Mögt ihr es blumig und nutzt viele Adjektive? All das macht euren Schreibstil aus.
Oft orientieren wir uns – bewusst oder unbewusst – an Autor*innen, die wir sehr schätzen und gerne lesen. Es kann also hilfreich sein, auch deren Stile man genau unter die Lupe zu nehmen. Vielleicht fallen euch bestimmte Techniken auf, die ihr ganz unbewusst übernommen habt. Erst wenn ihr das versteht, könnt ihr entscheiden, ob ihr es beibehalten oder ändern wollt.

5 konkrete Tipps, um den Schreibstil zu verbessern
1. Lesen
Eine der wichtigsten Aufgaben, um das eigene Schreiben zu verbessern, besteht darin, zu lesen. Und zwar nicht nur in dem Genre, das ihr sowieso mögt und kennt, sondern auch außerhalb eurer Komfortzone. Es muss ja nicht immer gleich ein Roman sein, Kurzgeschichten reichen auch, vor allem im Bezug auf den Stil. Analysiert, wie sich Stile unterscheiden und was Autor*innen ihre ganz eigenen Stimmen gibt.
2. Stile imitieren
Das Imitieren anderer Stile ist eine schöne Fingerübung, um die Techniken der Sprache zu verstehen. Nehmt eine eurer eigenen Szenen und überarbeitet sie im Stil anderer Autor*innen – solcher, die ihr schätzt, aber auch solcher, die ihr nicht so sehr mögt. So könnt ihr ausprobieren, welche Wortwahl, welcher Satzbau und welche Stilmittel zu einem Stil beitragen und wie sich die Wirkung der Szene verändert, wenn sich der Stil verändert.
3. Auf Verben achten
Verben sind der Puls der Literatur. In unseren Geschichten geschehen Dinge, und das beschreiben wir durch Verben. Wählt sie also mit Bedacht. Sie müssen passen, prägnant sein und dürfen das Geschehen nicht verwässern. Vermeidet vor allem Hilfs- und Filterverben, denn sie schaffen immer ein bisschen Distanz zwischen den Lesenden und dem, was auf der Seite passiert. Hier erfahrt ihr mehr darüber.
4. Monotonie vermeiden
Selbst die spannendste Geschichte kann durch monotone Sprache langweilig werden. Und Monotonie entsteht durch Wiederholung. Ich habe auf meinem Blog schon über Wortwiederholungen gesprochen, doch Monotonie kann auch durch die Wiederholung der immer gleichen Satzstrukturen entstehen. Achtet also darauf, dass aufeinander folgende Sätze nicht mit demselben Wort beginnen – und auch nicht immer mit dem Subjekt des Satzes. Überarbeitet, wenn ihr merkt, dass ihr immer wieder auf Relativsätze oder Ähnliches zurückgreift. Variiert, werft die Bausteine durcheinander. Ausnahme: Wenn euer Text Monotonie ausstrahlen soll, dann dürft ihr natürlich auf sich wiederholende Wortwahl und Satzbau zurückgreifen.
5. Konkret erzählen
Details sind in Geschichten wie Gewürze im Essen: Sie geben dem Ganzen das gewisse Etwas. Nur dank der Details entstehen farbenprächtige Bilder vor den Augen der Lesenden. Versucht also immer, so konkret wie möglich zu sein, ohne den Text unnötig aufzubauschen. Steht da wirklich nur ein Gebäude oder ist es vielleicht eine Villa, eine Hütte, ein Supermarkt, ein Mehrfamilienhaus? Hört eine Figur Musik oder hört sie ein Bach-Oratorium, ein Rockkonzert, das neueste Taylor-Swift-Album oder Roberto Blanco? Ausnahme: Dinge, die unwichtig sind, sowohl für die Geschichte als auch für die Atmosphäre, können vage bleiben. Wenn es egal ist, ob eine Figur eine Tür mit der rechten oder linken Hand öffnet, dann reicht es auch völlig, zu sagen, dass die Figur die Tür öffnet.
Fazit
Den eigenen Schreibstil zu entwickeln und zu verbessern, kann auf den ersten Blick wie eine unmögliche Aufgabe wirken. Wenn ihr aber mit ein bisschen Forschersinn an die Sache rangeht, wird daraus vielleicht ein spannender Prozess, bei dem ihr viel über das Spiel mit Emotionen und Erwartungen erfahrt. Lasst euch darauf ein und schreibt viel. Mit jedem Text wird sich eure persönliche Schreibstimme ganz automatisch verfeinern, bis irgendwann jemand sagen wird: „Oh, das klingt ganz nach (hier euren eigenen Namen einsetzen)!“
Und nicht vergessen: Ein Lektorat oder Schreibcoaching kann euch dabei helfen, euren Schreibstil zu finden und zu verbessern. Wenn ihr also Hilfe braucht, meldet euch bei mir.
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